Guten Abend

Vier Erzählungen für die Jugend von Isabella Braun. Mit zwei  Farbendruckbildern. (Gesammelte Erzählungen von Isabella Braun. Zweiter Band.)

 

L. Auer, Donauwörth, o. J.

 

Die blinde Großmutter sieht's ja nicht!

Der Waise Valentin lebt bei seiner blinden Großmutter am Starnberger See. Sein Vater, ein Fischer, ist bei einem Unwetter auf dem See ertrunken. Der Enkel kümmert sich liebevoll um seine Großmutter; von den anderen Kindern im Dorf wird er deshalb sowie auf Grund seiner Liebe zu Büchern ausgeschlossen und gehänselt. Die Großmutter nimmt Valentin das Versprechen ab, nicht vor dem fünfzehnten Lebensjahr alleine auf den See zu fahren, da sie Angst hat, den Enkel ebenso wie den Sohn zu verlieren. Als ein Professor aus der Stadt mit seiner Familie in die Sommerfrische am Starnberger See zieht, freundet sich Valentin mit dessen Söhnen Günther und Oskar an. Der größte Wunsch der beiden ist es, in einer Vollmondnacht auf den See zu rudern. Valentin gibt ihrem Drängen mit Verweis auf sein Versprechen nicht nach - doch dann wird ihm das Geschenk des Buches "Die Wunder der Meere" in Aussicht gestellt, das er mehr als alles andere begehrt.

 

Der Haussegen

Statt des ersehnten Stammhalters wird einem Gutbesitzer eine Tochter geboren, die den Namen Fränzchen erhält. Fränzchen schafft es wie niemand anders, den strengen Vater aufzumuntern, der sich vergeblich abmüht, das Gut rentabel zu machen. Als der Vater stirbt, muss die verarmte Familie das Gut verlassen, das einem kaltherzigen Verwandten zufällt. Die Mutter entwickelt eine schwere Depression, und Fränzchen wird durch eine Beinlähmung an einen Rollstuhl gefesselt. Dennoch verliert sie ihr sonniges Wesen nicht und schafft es schließlich, ihre Mutter und ihre Schwester wieder zu glücklichen Menschen zu machen. Die zahlreichen autobiographischen Bezüge dieser Erzählung von Isabella Braun sind unverkennbar.

 

Das arme Studentlein

Der Dorfpfarrer erkennt das geistige Talent von Baptist, dem Sohn eines einfachen Taglöhners, und ermöglicht es dem Knaben gegen den anfänglichen Widerstand des Vaters, eine weiterführende Lateinschule in der Stadt zu besuchen. Er warnt Baptist eingedenk seiner eigenen Erfahrungen vor, dass das Leben als mitteloser Student entbehrungsreiche Durststrecken mit sich bringen wird. Baptist erweist sich als hochbegabter und fleißiger Schüler. Als er am Pfingstfest von einem Bekannten aus seinem Heimatdorf besucht wird und von diesem in einem Wirtshaus zum Biertrinken verführt wird, was den Studenten streng verboten ist, verrät ihn ein mißgünstiger Mitschüler an den Rektor. Baptist soll daraufhin von der Schule verwiesen werden.

 

Das Komplott

Die Schülerinnen eines Mädcheninternats möchten ein Festgedicht als Überraschung zum Namenstag der Präfektin einstudieren. Sie erbitten sich hierfür von ihren Lehrern, ohne Wissen der Präfektin und ohne Begleitung einer Lehrkraft an einem freien Nachmittag einen Ausflug in die Natur machen zu dürfen, um dort das Festgedicht einzustudieren und Kränze zum Schmuck der Veranstaltung herzustellen. Das Kleinkind Irenchen, ein Pflegekind der Oberin, soll ebenfalls an der Aufführung mitwirken wird der Schülerin Johanna anvertraut. An einem Waldrand lassen sich die Mädchen nieder; an dem heißen Sommertag entsteht statt des erträumten Freiheitsgefühls eine beklemmende Atmosphäre aus Aggression und Verletzlichkeit, so dass weder das Gedicht einstudiert noch der Blumenschmuck fertig gestellt werden. Die Mädchen treffen auf eine Zigeunerfamilie mit einem verletzten Kind, der sie ihr Geld schenken. Mit Entsetzen fällt ihnen nach dieser verstörenden Begegnung auf, dass das kleine Irenchen verschwunden ist.